Ortsgruppe Nürtingen


Wie wir Putins Kriegskasse austrocknen

Schluss mit Öl und Gas im Heizungskeller - was jeder Hausbesitzer tun kann, außer den Thermostat herunterdrehen


Über 400 Millionen Dollar überweist der Westen nach Russland für Gas, Öl und Kohle. Und zwar jeden Tag. Dass wir Putins Kriegskasse Tag für Tag füllen, ist politisch ein Offenbarungseid, moralisch ein Desaster und ökologisch kaum anders zu benennen als eine Schweinerei. Um von der Abhängigkeit weg zu kommen kann jeder, vor allem Hausbesitzende, etwas machen. Ausreden gelten nicht mehr. Wobei die Schwierigkeit sein wird, ob es schon für den kommenden Winter nennenswerte Fortschritte zu mehr Autarkie geben kann. Wir müssen beim Heizen weg von  Öl und Gas. Hier eine Übersicht zu den Alternativen im Heizungskeller.

 

Ersatz alter Öl- und Gasheizungen
durch effizientere?


Ganz schlecht erscheint eine neue Investition in die alten fossilen Energieträger, die erst zur Abhängigkeit von Russland geführt haben. Wer sofort etwas machen will, auch weil der alte Öl- oder Gasbrenner raus muss, dabei aber doch keine Alternative zu seinem Gasanschluss oder Ölkeller sieht, der muss wenigstens diese Bedingungen erfüllen: Die neue Heizung hat ein Brennwertgerät zu sein, das einen deutlich höheren Wirkungsgrad hat. Es müssen Komponenten dazu, die erneuerbare Energien einsetzen. Das verlangt schon der Gesetzgeber. Im klassischen Fall ist das der Warmwassersonnenkollektor auf dem Dach, möglichst auch für die Heizungsunterstützung. Der Wärmegedarf des Hauses gehört generell gesenkt. Das Dämmen der obersten Geschossdecke ist schon lange ein Muss, verankert in der Landesbauordnung. Nur wird es nicht kontrolliert. Dort zu dämmen, ebenso die Kellerdecke, lässt sich auch selber machen. Wenn nicht viel besser gleich der Berater von der Energieagentur geholt wird. Wer partout meint, weiter Öl und Gas im Haus haben zu müssen, der sollte sich eh beeilen. Im Koalitionsvertag heißt es, dass ab 2025 keine Verbrenner für die Fossilen mehr eingesetzt werden dürfen.

 

Ist die Wärmepumpe wirklich
die große Alternative?


Das Gerät, das im Regelfall mit der Umgebungstemperatur arbeitet und dabei wie ein umgekehrter Kühlschrank wirkt, ist mehr und mehr in den Vorgärten und Hinterhöfen zu finden. Für gut gedämmte Neubauten sicher eine recht ressourcenschonende Alternative. Freilich nicht billig, wenn ein Altbau umgerüstet werden soll - in der Regel doppelt so teuer wie eine Gasheizung. Komfortabel und ökologisch ist diese Technik nur, wenn Heizschlangen im Fußboden liegen, das Haus gut gedämmt ist und der Heizungsbauer wirklich vom Fach. Die Meldungen von schlecht geplanten und eingestellten Wärmepumpen häufen sich. Im schlimmsten Fall wird in den ganz kalten Tagen vollkommen mit Strom geheizt. Ganz und gar nicht nachhaltig und zudem sehr teuer. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach gehört bei Wärmepumpenkunden zur Pflicht gemacht, denn wir haben noch nicht einmal 50 Prozent grünen Anteil am Strommix erreicht. Strom, der mit Gas oder Kohle erzeugt werden muss, arbeitet Putin in die blutigen Hände.

 

Sind Holzheizungen gar nicht
so nachhaltig?


Das Verfeuern von Holz sei gar nicht ökologisch, das war zuletzt immer wieder zu lesen - egal ob Scheitholz oder Pellets. Das ist freilich eine typisch deutsche Luxusdiskussion. Natürlich wird es irgendwann ungesund, wenn in einem Wohngebiet lauter alte Holzheizungen mit schlechten Abgaswerten in den Kamin feuern. Der Feinstaub erreicht dann kritische Werte. Doch davon sind wir weit entfernt. Als klimaschonend gelten Biomasseheizungen weiter, soweit aufgeforstet wird. Der junge Wald bindet mehr CO-2 als der alte. Und es werden auch keine Direktzahlungen an Putin geleistet.. Josef Broll, der Spezialist für Kommunales Wärmemanagement bei der Energieagentur Rems-Murr wundert sich auch, was da in der Diskussion alles zusammengerührt wird. Freilich, "es können nicht alle mit Holz heizen". Das gibt kein Wald her..

 

Und wenn die Kommunen
das Heizen übernehmen?


Auf diese Lösung setzen nicht wenige Wärmewende-Strategen. Gerade eben meldet Feuerbach ein klimaneutrales Quartier. Die Stuttgarter Stadtwerke haben 170 neue Wohneinheiten an das Nahwärmenetz angeschlossen. Es entnimmt über einen Wärmetauscher dem Abwasser unter der Straße die Wärme. Eine große Wärmepumpe und für ganz kalte Tage eine Kraft-Wärme-Kopplung, befeuert mit Biomethan, übernehmen die Versorgung. Alles gute Ansätze, freilich keine Lösung für den nächsten Winter. Am Geld liegt es eigentlich nicht. Es gibt Förderprogramme.

 

Wie wäre es einfach mit
Energiesparen?


Eigentlich das Naheliegendste. Und damit ist nicht der Appell gemeint, den Thermostat um einen Strich runterzudrehen. Physiker haben längst vorgerechnet, dass sich die Energieeffizienz auch um den Faktor fünf steigern ließe, wenn wir als Gesellschaft nur wollten. Aber offenbar ist der Strom noch viel zu billig. Also werden an Weihnachten Häuser illuminiert wie Christbäume. Aber für Josef Broll muss gar nicht so sehr der Einzelne an seiner Moral und seinem Geldbeutel gepackt werden. "Wenn alle Anlagen optimal laufen würden, dann wären zehn Prozent Einsparung kein Problem." Er meint damit vor allem die Großkunden. Gewerbebetriebe und Kommunen. Da läuft in einer Schule die Heizung in der Nacht und in den Ferien durch. Die "größte Chance sehe ich im optimierten Betrieb mit Einstellungen der Anlagen, wann sie läuft und wann nicht." Auch Lüftungsanlagen liefen, wenn sie gar nicht gebraucht werden. Da entscheidend etwas zu machen, das ließe sich "relativ kurzfristig bewerkstelligen". Zumal ja auch zuerst den Betrieben der Gashahn zugedreht werden würde.

 

Was kann jetzt wirklich jeder
Einzelne tun?


Außer seine Anlage optimieren, den sogenannten thermischen Abgleich bewerkstelligen lassen, auf eine sparsame Pumpe zu achten und die Regler in den Zimmern runterdrehen bleibt dann eben doch die eine Maßnahme: Dämmen, dämmen, dämmen. Darauf weist Jürgen Menzel hin, der Leiter der Energieagentur, ein Versorgungstechniker. Die Sanierungsraten alter Häuser müssen hochgetrieben werden, schließlich gibt es auch stattliche staatliche Zuschüsse. Wer jetzt sagt, aber ich kriege ja gar keinen Handwerker her, der kann trotzdem schon mal anfangen. Die Kellerdecke dämmen, Matten auf die oberste Geschossdecke legen, das geht auch im Eigenbetrieb. Möglichst vorher mit Beratung. Und sage keiner, dass es ihm nicht selbst nützt. Erste Berechnungen gehen davon aus, dass jede Familie mit 2 000 Euro Mehrkosten, für die Energie und fürs Jahr dabei ist, ungefähr und im Durchschnitt. Worauf warten wir?

Info: Die Klimaschutzagentur Esslingen ist in Teilen noch im Aufbau begriffen. Freilich vermittelt sie jetzt schon Energieberater, die ins Haus kommen: 0711-207030-70.

Nürtinger Energietage 2022

Mehr zum Thema Alternativen im Heizungskeller gibt es in einem ausführlichen Programm ab 2. Mai bei den Nürtinger Energietagen 2022.